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Glossar

Neue Medien: Zum Verhältnis von Multimedia zur Arbeit mit Lernplattformen

"Multimedia self-study materials and Learning Management Systems are two different animals in time. They are actually entirely different: it is rather like comparing a brick to a cow." Chris Wills, interview transcript 21.06.02

Besonders in der deutschsprachigen Literatur wurde bis vor kurzem unter der Bezeichnung ‚neue Medien' vielfach auf Szenarien und darin verwendete Werkzeuge verwiesen, die im internationalen - vor allem jedoch englisch-sprachigen - Fachdiskurs unter ‚Multimedia' zusammen gefasst wurden. Für die Werkzeuge, die hauptsächlich bei der Verwendung in der Lehre im Fordergrund stehen, differenzieren sich derzeit zwei Richtungen aus, die auch in Kombination zu einander auftreten können - multimediale Aufbereitungen und die Arbeit mit webbasierten Werkzeugen. Wie aus einer Vielzahl an Publikationstiteln und an Linklisten auf Webseiten zum Thema abzulesen ist, wendet sich erst in der letzten Zeit der Fokus auch in der deutsch-sprachigen Literatur einer näheren Betrachtung web-basierender Werkzeuge zu.
Die Anzahl der Gruppen, auf die die Werkzeuge aufgeteilt werden, variieren sehr stark (vgl. Bloh & Lehmann 2002:17-21).

Ich schließe bei der Aufzählung an dieser Stelle zudem Werkzeuge mit ein, die häufig in Auflistungen von AutorInnen im Bereich von Bildung und Erziehung außer Acht gelassen werden, denen jedoch unter dem Aspekt der Vollständigkeit und von Stealth Spending eine besondere Bedeutung zukommt: Programme, deren Beherr-schung notwendig ist, um darauf aufsetzend oder mit ihnen arbeitend, mit neuen Medien arbeiten zu können.

Als vorläufiges Ergebnis der Ko-Entwicklungen steht eine Vielzahl von Werkzeugen zur Arbeit auf dem PC zu Verfügung:
- Viele technische Geräte, die es in analoger Form gibt, lassen sich auf dem PC ‚nachbilden'. Die Palette reicht von Text-Editoren über ‚virtuelle Audio-Aufzeichnungsgeräte', Grafikbearbeitungsprogrammen bis hin zu Telefonen.
- Die Arbeit mit diesen ‚virtuellen' Werkzeugen macht wiederum andere virtuelle Werkzeuge notwendig, um PC-spezifische Arbeitsweisen unterstützen zu können. Um nur einige zu nennen: Große Dateien müssen gezipped, Brenner-Programme bedient, Virenschutz angewendet werden .
- Einige Werkzeuge für die Kommunikation und Distribution von Material über das Internet hat es bisher in ihrer Funktionsweise nur in einem anderen Verwendungskontext gegeben: So ist das Funktionsprinzip von Online-Foren - oder in verkürzter Form beim Chat - ähnlich einem Kinderspiel, bei dem auf einem Blatt Papier eine Assoziationskette schweigend fortgesetzt wird. Ähnlich hat dieses Vorgehen auch mit Kreativitätstechniken wie dem ‚Brainwriting'. In einem solchen Feld voller neuer Werkzeuge ist Kategorisierungsarbeit und Nutzbarmachungsarbeit in hohem Maße notwendig. Die Medien müssen in Hand-lungsabläufe eingebettet, unterschiedliche Programme von ähnlichem Funktionsumfang auf ihre Verwendbarkeit hin überprüft werden. Nicht nur auf individueller Ebene findet diese Erprobung und Einbettung in Handlung statt, auch in sozialen Kontexten müssen Handlungsstrategien adaptiert und adoptiert werden.


Learning Management System (LMS):

Heutzutage wird für diesen Begriff, der sich zunehmend im internationalen Raum etabliert, im deutschen Sprachraum das Wort 'Lernplattform' verwendet. Verschiedene kleine Programme werden hier gebündelt, die man als Informations- und Kommunikationsmedium nutzen kann. Lehrende können hier Informationen für SchülerInnen oder Studierende bereit stellen. Die Informationen können sowohl zu der aktuellen Lehrveranstaltung (z.B. Ziele, Inhalte, methodisches Vorgehen, Aufgaben) als auch auf ein bestimmtes Thema bezogen sein. Auch SchülerInnen und Studierende können untereinander solche Informationen bereit stellen. Bereitstellen kann hier sowohl das 'Hineinstellen' eines einfachen Textes sein, als auch eine Powerpointpräsentation oder z.B. eine Video- oder Audio-Datei. Das heisst: Multimediale Elemente - lange Zeit das Liebkind der 'Neue Medien-Pädagogen' findet einen Einbettungsrahmen jeweils als ein Menüpunkt innerhalb eines LMS.
Als besonderen Service bieten die meisten LMS heutzutage zusätzlich noch einen Passwortschutz verbunden mit der Möglichkeit als 'ManagerIn' der Seite selbst festlegen zu können, welche der angemeldeten Personen was sehen und was bearbeiten darf. Ein WYSIWYG-Editor, der einer BearbeiterIn ermöglicht, Webseiten zu gestalten und Foren zu integrieren, ohne dass Programmierkenntnisse notwendig sind, ist auch meist integriert.

'Werkzeuge eines LMS'
Für den Austausch steht derzeit schon eine große Palette an kleinen Programmen ('Werkzeugen') zur Verfügung. Die Hauptwerkzeuge sind Forum, Chat oder Instant-Messenger, eventuell noch ein Hilfsmittel mit dem man schnell und ohne HTML-Kenntnisse Fragebögen für kleine Abfragen erstellen kann (sogenannte Voting Tools). Zur Palette lassen sich auch Annotierungswerkzeuge für Webseiten hinzuzählen, die nach einem Login den Eingeloggten erlauben, für einandern 'auf' Webseiten Kommentare zu hinterlassen.

Pädagogisch/didaktische Szenarien für die Lehre mit neuen Medien

Stellt man sich die Arbeit in Präsenztreffen, im Chat und im Form als parallele Handlungs-Schienen vor, so kann man den unterschiedlichen Handlungs-Schienen verschiedene methodische Gussformen für den Einsatz der beiden Hauptwerkzeuge Chat und Forum zuordnen. Es ergeben sich für jede methodische Gussform:

  • spezifische Ablaufszenarien gesehen vor dem Hintergrund des gesamten Semesters und auch in der einzelnen Sequenz,
  • spezifische Arbeitsaufträge bieten sich an,
  • Verteilungen von verschiedenen Rollen oder Funktionen innerhalb der teilnehmenden Gruppe müssen wahrgenommen werden.
  • spezifische Hinführungsszenarien ergeben sich für die einzelnen Gussformen und auch übergreifend für den Einsatz eines LMS überhaupt. Studierende müssen auf die Wahrnehmung dieser Funktionen vorbereitet werden, da nur so der Mehraufwand durch den Einsatz des Mediums sich auf alle Beteiligten umschultern lässt und das Seminar sich mit einem 'normalen Leitungsteam' tragen lässt (LehrveranstaltungsleiterIn und eventuell eine TutorIn). Die Bereitschaft zur Übernahme solcher Funktionen ergibt sich häufig erst nachdem Einsicht in die Möglichkeiten genommen werden konnte, die das neue Medium bietet. Die Möglichkeit zu erkennen setzt jedoch wiederum in vielen Fällen voraus, dass die Funktionen wahrgenommen werden und es so 'ans Laufen' gebracht werden kann.

Die Aufgaben eignen sich für unterschiedliche Gruppengrößen unterschiedlich gut. Hauptbeschränkungsfaktor ist hier die Mehrarbeit, die auf alle Beteiligten durch die Einarbeitung und die Aufrechterhaltung des normalen Betriebs notwendig wird. Besonders zu berücksichtigen ist die Mehrarbeit, die durch die Notwendigkeit der schriftlichen Rückmeldung auf einzelne Beiträge auf die Lehrveranstaltungsleitung zukommt. Nicht alle Szenarien erlauben eine 'Rückleitung' der Rückmeldungsfunktion an die Gruppe der Studierenden. Besonders wenn es um inhaltlich schwierige Bereiche geht oder um die Kontrolle von Prüfungsleistungen (der hochgeladene Text beinhaltet die Antwort auf Prüfungsfragen), ist oftmals die direkte Antwort durch die Lehrende notwendig.

Zwischen den einzelnen Schienen bieten sich - abhängig von der gewählten Gussform - unterschiedliche Verzahnungs- und Parallelführungsmöglichkeiten an. Die Schiene kann z.B. komplett parallel geführt werden. Das würde sich z.B. für die Erarbeitung einer Präsentation anbieten. Diese wird am Ende des Seminars vor der eigentlichen Präsentation im Plenum auf die Plattform gestellt, um anderen TeilnehmerInnen die Möglichkeit zur Rückmeldung zu bieten. Im Rahmen dieses Projektes wurde ein spezifisches Rotationsschema für die Rückmeldung erarbeitet


Für den Einsatz von webbasierenden Foren wurden in diesem Projekt folgende methodische 'Gussformen' erarbeitet und in verschiedenen Umsetzungsvarianten erforscht:
- Versionen-Arbeit
- Peer-Review
- Status-Bericht
- Selbstevaluations-Schnappschuss
- Methoden-Durchleuchtung

Für den Einsatz von Chat-Software wurden in diesem Projekt folgende methodische 'Gussformen' erarbeitet und in verschiedenen Umsetzungsvarianten erforscht:
- Arbeits-Chat, Teilnahmeregeln
- Eigenmoderation und Initiierung eines Arbeits-Chats
- ExpertInnen-Chat (Vorbereitungsphasen und Moderationsabläufe)
- Sprechstunden-Chat, Teilnahmeregeln, Vorbereitungsaufgaben

Unterschiedliche Funktionen erfüllen diese Aufgaben, teilweise erfüllen sie mehrere Funktionen:
- Reflexion der Moderationsmethode und wahrzunehmenden Funktionen durch Studierende auf Metaebenen-Niveau
- Systematische Rückmeldung für die Beforschung der Methode
- inhaltliche Arbeit
- Gruppenbildung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

Kontakt: Arbeitsgebiet Grundschulpädagogik
© Prof. Dr. Ursula Carle - Universität Bremen - Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften - Grundschulpädagogik
Universität Bremen Fachbereich 12